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Thursday, 09. February 2006 20:31

Von: René Kammerer

Torino 2006: Die ersten 5 Tage in Turin

Liebe Freunde und Frauenhockeyfans

Es ist Donnerstag Nachmittag, der 9. Februar 2006. Nun sind wir bereits seit 5 Tagen im Olympischen Dorf. Was wir hier in dieser Zeit bereits bis jetzt, ohne dass das Turnier begonnen hat, erlebt haben, ist wirklich sehr eindrücklich. Das olympische Dorf besteht aus rund 50 Häusern, wo die Teams untergebracht sind und mehreren Komplexen mit Büros, Meetingrooms, Restaurants, Fitnesscentren, Läden, einer Klinik, Spielsalon und vielem mehr. Unser Haus hat 7 Etagen. In den unteren drei sind die Hockey-Männer untergebracht, in der 3. die Eiskunstläufer/innen, im 4. und 5. sind wir und im 6. ist ein TV Raum und ein Raum mit mehreren Computern, wo wir Internetanschluss haben.

Bei unserer Ankunft war das Dorf noch fast leer, aber bis heute hat es sich ziemlich bevölkert. Die Infrastruktur lässt nichts zu wünschen übrig. Auch sonst werden wir absolut verwöhnt, sei es mit Kleidern, Getränken, Essen, oder Unterstützung im Bereich Material. Unsere permanente Garderobe ist im Esposizioni, dem kleineren der beiden Hockeystadion. Sie ist riesig gross und top ausgestattet. Generell sind die zahlreichen Volontäre sehr nett und hilfsbereit. Und unsere beiden Teamhosts, Gladis und Martino, unterstützen uns mit einem riesigen persönlichen Engament. Das einzig Unangenehme sind die vielen Sicherheitsckecks. Jedesmal, wenn wir in ein Stadion oder ins Village wollen, müssen wir aus dem Bus aussteigen und werden sämtliches Gepäck und Personen geröntgt. Das ist sehr zeitaufwendig und mühsam, weil immer mit vielen Diskussionen verbunden, weil die Leute nicht gut informiert sind. Wenn wir dann sehen, dass die Amerikanerinnen oder Russinnen mit Polizeieskorte auf direktestem Weg bis vors Stadion und zurück gefahren werden, schmerzt das doppelt. Ihr Weg vom Esposizioni zurück ins Village dauert vielleicht 10 Minuten, während wir mindestens eine halbe Stunde dafür benötigen. Aber wir stecken das mit einem Lächeln weg.

Heute Nachmittag haben wir einen von zahlreichen emotionellen Momenten erlebt. Die Schweizer Delegation wurde im Beisein von Bundesrat Samuel Schmid offiziell im Village empfangen und unsere Flagge gehisst, während die Nationalhymne gespielt wurde. Ein ganz kleiner Vorgeschmack auf das, was uns morgen Freitag Abend bei der grossen Eröffnungsfeier im Olympiastadion erwarten wird.

Die Kleidung, die wir von Swiss Olympic erhielten, ist sehr schön und gut. Wir finden, dass wir zu den bestgekleideten Nationen gehören. Es gibt auch schon Angebote von Ausländern für einzelne Stücke, z.B. für die Künzli-Schuhe!

Die Stimmung im Team ist hervorragend. Alle sind happy und wir versuchen, die vielen Eindrücke und aussergewöhnlichen Situationen, die wir hier erleben, so gut wie möglich zu verarbeiten und uns aufs Hockey zu konzentrieren. Das ist wahrlich nicht einfach, denn im Gegensatz zu einer WM ist bei Olympia nicht der Sport, sondern die Organisation, Sicherheit und Logistik im Zentrum. Unser Tagesablauf wird sehr stark durch diese drei Aspekte gesteuert und es braucht zeitweise viel Flexibilität und Geduld.

Ab Samstag gilt es ernst. Mit den USA, Finnland und Deutschland erwarten uns drei schwere Gruppenspiele. Die Vorbereitung verlief zufriedenstellend. Zwar haben wir gegen Italien (4:0) schlecht gespielt, die Partie war gekennzeichnet von grosser Nervosität. Das Spiel gegen den Medaillenkandidaten Schweden (1:6) in Lugano hat uns aber darin bestätigt, dass wir gut vorbereitet sind. Alle sechs Tore der Schwedinnen gingen auf das Konto ihres Weltklassesturms, ansonsten hatten wir sie recht gut im Griff. Das Spiel gegen die USA wollen wir so gut wie möglich nutzen, um den Spielrhythmus, der in diesem Turnier zweifelsfrei enorm hoch sein wird, für die darauf folgenden Spiele zu finden, damit wir gegen die Gegner, die in unserer Reichweite sind, bereit sind.

Wir freuen uns sehr über die tolle Unterstützung, die wir aus der Heimat erfahren und auf die Supporter, die uns in Turin vor Ort anfeuern werden! Ihr könnt sicher sein, dass wir alles tun, um das Schweizer Frauenhockey so teuer wie möglich zu verkaufen. Mit eurer Unterstützung und dem nötigen Wettkampfglück können wir eine Überraschung schaffen. In dem Sinn: Hopp Schwiiz!!

Aufgezeichnet von Roma Lehmann nach Gespräch mit Patrick Fehlmann