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Jubeltraube nach dem Spiel gegen Russland


Hymne mit Fahne die nächstes Jahr mindestens einen Platz weiter links hängen wird

Thursday, 10. April 2008 18:23

 

Tagesbericht A-Nati, 10.4.2008

Der Tag selbst begann wie jeder andere Game Day bislang hier in Harbin. Morgenessen - Transfer - Warm-Up Training - Transfer - Spielbesprechung - Ruhe - Mittagessen - Transfer - ... Doch diesesmal fuhren die Russinnen zu früh ab und das Polizeiauto, dass die beiden Busse anführen sollte war zu spät. Auch der Schweizer Teambus fuhr natürlich los und so sah man die beiden Polizisten in ihr Auto rennen und mit Vollgas hinterher. Beim ersten grossen Kreisel wurden die Schweizerinnen vom Polizeiauto eingeholt und ordnungsgemäss eskortiert, obwohl das Absperren der Strassen nicht wirklich klappte. Einen halben Kilometer vor der Halle kam der Car der Russen wieder in Sicht und dann passierte wohl das Omen zum Tag: Unser Bus hinter dem Polizeiauto überholte unter der Eisenbahnbrücke den Bus der Russinnen was mit tosendem Applaus für den Chauffeur verdankt wurde. Im kleinen Bus, verglichen mit dem Luxusliner der Gegnerinnen kam der Schweizer Tross in der Halle an und zelebrierte eine High-5 Abklatsche für alle.

Das Spiel selbst begann für die Schweizerinnen nicht ganz nach Plan, waren doch alle nervös und wussten um die einmalige Chance und die Verantwortung. Russland, mit lauter Profis in Harbin hingegen hatte nichts zu verlieren und liess seinem Spiel freien Lauf. Auch diese Partie war wieder von vielen Strafen geprägt, aber keine der beiden Mannschaften schaffte bei 5 gegen 4 ein Tor. In der 11. Minute aber tankte sich zum ersten Mal das Trio Lehmann, Stefanie Marty, Leimgruber durch die Reihen der Russinnen. Das von Captain Lehmanns Schuss verursachte Gestocher nutzte Marty zum 1:0 Führungstreffer aus. Jubel aber auch Anspannung war in den Schweizerinnen zu lesen. Die Russinnen reagierten heftig, machten ihren Status klar und kamen immer wieder zu brandgefährlichen Abschlüssen. Aber einmal mehr stand Florence Schelling im Tor der Eisgenossinnen ihre Frau und wehrte alle Versuche der Russinnen ab, so auch zum Schlussgong des ersten Drittels bei angezeigter Strafe. Nur gegen wen war im Getümmel die Frage. Der auf dem Rücken liegenden Mannschaftsführerin der Russinnen, Smolentseva war das egal, sie trat mit dem Fuss gegen Monika Leuenberger, was die Scheidsrichterin richtigerweise mit einer Matchstrafe ahndete. Zudem war die angezeigte Strafe ebenfalls gegen Russland. So startete die Schweiz mit 2 Minuten 5 gegen 3 und sicher weiteren 3 Minuten Überzahl ins 2. Drittel. Schleisslich war es wieder Stefanie Marty, die eine Vorlage Lehmanns in der ersten Minute nach Wiederbeginn verwerten konnte - 2:0, aber immer noch spürbare Nervosität bei den Schweizerinnen. Die Last des Gewinnenmüssens lastete schwer und so kam Russland weiter auf. Eine Kompensationsstrafe gegen die Schweiz verhinderte weiteren Nutzen aus der 5-Minuten Strafe zu ziehen. Die Osteuropäerinnen gaben weiter das Tempo an, holten ebenfalls eine 5 gegen 3 Situation heraus und prompt war es Kapustina die mit einem Hammer ab der blauen Linie genau ins Lattenkreuz traf. Schelling, der die Sicht verdeckt war blieb chancenlos. Das 2:1 verunsicherte die Schweizerinnen doch noch weiter und schliesslich war man froh, in die zweite Pause zu gehen. 20 Minuten entfernt von der grössten Sensation der Neuzeit, aber einen Gegner, der lautstark von den Schwedinnen angefeuert wurde, die von einer Niederlage der Schweiz profitiert hätten. Noch einmal trieb Headcoach René Kammerer sein Team in der Garderobe an, noch einmal rauften sich die Schweizerinnen zusammen, noch einmal stellte man sich der Herausforderung. Was folgte waren 20 Minuten purer Nervenkitzel. Chancen auf beiden Seiten aber es fielen keine Tore. Gegen Schluss imer mehr Druck der Russinnen, der Lärmpegel der Schwedinnen oben auf der Tribüne immer lauter, Angriff um Angriff, es war einmal mehr nicht zum Aushalten. Dann noch eine Strafe keine 3 Minuten vor Ende. Nochmals stellten die Russinnen ihre besten Kräfte auf's Eis. Aber das mittlerweile erprobte Boxplay der Schweizerinnen überzeugte noch einmal auf der ganzen Linie, liess keine Chancen mehr zu und so liefen die letzten 30 Sekunden auf der Uhr. Die Russinnen stemmten sich mit alle Macht gegen die drohende Niederlage hatten nochmals 2 Riesenchancen, schnürten die Schweizerinnen im Drittel ein, aber dann Schuss, Ablenker hinters Tor und dort letzte Scharmützel, die Sekunden rannen und nochmals die Scheibe am Torkreis und dann - der wohl schönste Gong im Leben der Spielerinnen ertönte und wieder erzitterte die Halle unter dem Geschrei der Schweizerinnen. Nun war das SWISS MIRACLE ON ICE Tatsache, es gab kein Halten mehr.

"Ich bin sprachlos" waren die einzigen Worte, die Assistant Coach Michael Fischer gleich nach diesem Sieg wusste. Gesprächiger war da René Kammerer, nun offiziell erfolgreichster Frauennatitrainer aller Zeiten: "es war kein gutes Spiel von uns, aber das war aufgrund des immensen Drucks auch nicht zu erwarten. Man darf nicht vergessen dass wir auch in dieses Spiel als Aussenseiterinnen starteten und die Russinnen nominell besser sind als wir. Aber dieses Team, dieses unglaublich Team schaffte das Wunder von Harbin, wir spielen um Bronze und haben die Top 4 der Welt an einem Turnier geknackt. Es ist wirklich too much!"

Katzenjammer natürlich im Norden. Die Schwedinnen gehen zum ersten Mal seit Jahren leer aus, belegen den ungewohnten 5. Rang. Noch härter traf es Deutschland. Im alles entscheidenden Spiel um oder eben gegen den Abstieg sahen sie bis 3 Minuten vor Schluss als gerettet aus, führten 2:1. Doch was dann geschah ist nur schwer zu glauben. Binnen nicht einmal 2 Minuten kassierten sie noch 3 Tore und damit eines zuviel. Das niederschlagende Verdikt für das mit einem Dutzend Profis ausgestattete Programm um Profitrainer Peter Kathan lautete somit Abstieg! Der Super Gau war also eingetreten. Grenzenloser Jubel dagegen natürlich bei Gastegeber China, die sich quasi in letzter Sekunde gerettet haben.

Für viele Schweizerinnen war in diesem Moment jedoch bereits Feierabend, sanken doch viele schon früh müde ins Bett.