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Ka in Action in einem Spiel von AIK Solna. Foto: Magnus Neck

Monday, 28. January 2008 21:32

 

Bericht von Kathrin Lehmann aus Schweden

Es ist nun meine erste ganze Saison, die ich hier bei AIK Solna, dem dreifachen Europacup Sieger, spiele. Schon bei meinem dreimonatigen Aufenthalt von Januar – März des vergangenen Jahres konnte ich in europäisches Top Eishockey hineinschnuppern.
Was mich hier in Schweden tief beeindruckt ist die unglaubliche Leitungsbereitschaft, die jede Spielerin an den Tag legt. Die Eigenmotivation ist enorm. Die Spielerinnen trainieren, um sich selbst weiterzuentwickeln und so der Mannschaft am meisten zu helfen. Dementsprechend hoch ist auch die Kritikfähigkeit - im Training werden oft Übungen unterbrochen, Verbesserungen angebracht und dann geht es weiter. Der Unterscheid zur  Schweiz oder auch Deutschland, wo ich auch jahrelang gespielt habe, liegt darin, dass keine der Schwedinnen nach der Unterbrechung noch weiß, wegen welchem Teammitglied die Übung unterbrochen wurde, aber alle wissen, was kritisiert worden ist.
Wir trainieren jeden Tag. Sogar an spielfreien Wochenenden trainieren wir Samstag und Sonntag. Für mich war das am Anfang sehr ungewohnt– aber für die Spielerinnen hier das Normalste der Welt „Wann immer wir können, gehen wir aufs Eis“ ist deren Einstellung. Manchmal hätte ich gerne einen freien Tag – aber ich habe mich an den Rhythmus gewöhnt und so ist es für mich auch mittlerweile das Normalste der Welt, dass ich jeden Tag auf dem Eis stehe.
Diejenigen Spielerinnen, die es sich einrichten können, gehen einmal die Woche zusätzlich mit Rikard Franzén – ehemaliger SC Bern Profi – aufs Eis, um zu schießen. Wir können uns auch beim Eismeister wegen „freier Eiszeit“ melden und sozusagen einfach eine Stunde für uns aufs Eis. Bezahlen müssen wir dafür nichts extra. Wer will kann auch am Dienstag- und Donnerstagmorgen mit dem Eishockey Gymnasium aufs Eis. Dies ist ein sehr wertvolles Training, da wir uns mit 16jährigen Jungs messen.
Zu Anfang meiner Zeit in Solna machte ich jedes freiwillige Training immer mit, holte mir Eis, war geradezu Eishockey-verrückt, bis ich realisierte, dass es einfach zu viel war. Ich habe gemerkt, dass ich meinen eigenen Rhythmus finden muss. Ich schieße nun jede Woche und gehe einmal mit dem Hockeygymnasium aufs Eis – ich gebe zu, ich suche immer das Training aus, in dem wir nur 3-3 spielen – aber irgendetwas soll man sich ja auch gönnen ;).
Hier in Schweden wird nicht nur dem Training auf dem Eis große Beachtung geschenkt, auch die off-ice Einheiten sind durchgeplant. Wir haben vor oder nach jedem Eistraining einen Block off-ice. Es variiert zwischen Krafttraining, Sprüngen, Intervallläufen oder „schnelle Füße“ – Training. Wir haben somit einen Trainingsblock von ungefähr 3 Stunden am Stück. Dis ist sehr anstrengend, aber es erfüllt mich sehr und gibt mir ein gutes Gefühl, meinen Körper gezielt zu trainieren.
Auch wird unter den Spielerinnen sehr viel gesprochen. In einem Spiel gibt es auf der Bank zum Beispiel immer eine extra Tafel, die wir Spielerinnen nehmen können, um Situationen zu besprechen – selbstverständlich haben auch beide Trainer eine Tafel in der Hand, dennoch wird die Kommunikation bei uns Spielerinnen intern extrem gefördert – und wir nehmen dies auch wahr.
Wir bekommen auch großes Vertrauen von den Trainern unser Powerplay selbst zu gestalten. Es ist dann natürlich interessant und spannend, wenn man mit Spielerinnen wie Maria Rooth, Danijella Rundqvist oder Pernilla Winberg ein Überzahlspiel austüfteln kann.
Etwas vom Luxuriösesten hier ist, dass wir einen Materialmanager der Extraklasse haben. Sein Name ist Benny. Er weiß alles über jede Spielerin, weiß auch alles über ihre Ausrüstung – er schaut, dass wir immer etwas zu essen und zu trinken haben, erfüllt einem die unmöglichsten Materialwünsche, wäscht bis morgen um 2.00 Uhr die Wäsche, damit wir am nächsten Tag wieder loslegen können. Ich kann hier zwar seine Tätigkeiten aufzählen, aber was all dies mir für ein Gefühl vermittelt, kann ich nicht beschreiben. Es lässt mich so professionell fühlen, ich fühle auch, dass ich eine Verantwortung ihm gegenüber habe, immer das beste zu geben, weil er seine Freizeit und Herzblut daran setzt, dass es uns an nichts fehlt. Durch ihn fühle ich mich wie ein Profi. Ich kann meine Ausrüstung immer in der Eishalle lassen, verlasse meinen Platz verschwitzt und komme am nächsten Tag wieder - und alles ist trocken und gewaschen.
Die Meisterschaft ist nun seit Jahresbeginn erst so richtig losgegangen. Wir spielen die Riksserien: Die besten acht Teams aus ganz Schweden (qualifiziert aus den Regionalgruppen in den Spielen vor Weihnachten) spielen noch einmal eine Doppelrunde ehe die Play-offs ab dem ¼ - Finale anfangen.
Die Halbfinals und das Finalspiel werden in Stockholm im Hovet – das ist dem Hallenstadion Zürich gleichzustellen- gespielt und live im TV übertragen. Die Riksserien bringt dem Fraueneishockey hier in Schweden sehr viel Prestige und auch Medienaufmerksamkeit.