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Sophie Anthamatten (Bild 2014)

Thursday, 05. September 2019 12:10

Von: Daniel Monnin

Erste Frau im Swiss Ice Hockey Cup?

Sie lebt Eishockey, von frühmorgens bis spätabends, im Beruf, als Torhüterin, Trainerin oder neu auch Schiedsrichterin: Sophie Anthamatten, Torhüterin des Erstligisten EHC Saastal, des Servette-Gegners im Cup.

Die ehemalige Nationaltorhüterin Sophie Anthamatten ist eine der schillernsten Figuren im Schweizer Frauen-Eishockey, obwohl sie 2016 aus der Nationalmannschaft nach einer WM-Bronze- und einer Olympia-Bronzedaille zurücktrat und auch nicht mehr für die Lugano Ladies (zwei Meistertitel) spielte. Sie wolle sich voll und ganz auf den EHC Saastal konzentrieren, sagte sie damals. Sie ist keine Lautsprecherin, keine, die dauernd nach Anerkennung sucht, sondern sie ist eher eine stille Arbeiterin, die weiss, was sie will. Eigentlich wäre die 28-Jährige eine schlechte PR-Agentin, denn über sie gibt es wenig Geschichten, sie ist medial nicht sehr präsent. Und doch hat die Saastalerin so ziemlich alles erreicht, was man im (Frauen-)Eishockey erreichen kann. Und sie könnte am 11. September die erste Frau werden, die in einem Spiel im Cup des Herren-Eishockeys gegen einen National-League-Vertreter im Tor steht. Könnte, «denn wer gegen Servette spielen wird, ist nicht meine Entscheidung. Dies wird unser Trainer Roger Misteli entscheiden», sagt sie und genau diese Aussage passt perfekt zu ihr: Selbstbewusst und voller Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten, aber trotzdem immer zurückhaltend.

«Sicher», gibt sie zu, «würde ich gerne spielen und sicher ist der Cupmatch gegen Servette ein besonderes Spiel und es könnte auch eines meiner Karrieren-Highlights werden. Aber mir persönlich sind andere Sachen ebenso wichtig: Dass ich meinen Club, den EHC Saastal, vertreten darf, dass ich meinem Team mit einer guten Leistung helfen kann und dass wir als Team über uns hinauswachsen, denn schliesslich haben wir nicht alle Tage die Gelegenheit, gegen einen National-League-Vertreter zu spielen.» Deshalb – so Anthamatten – werde das Spiel für das ganze Team und den Staff zu einem Highlight.

Highlight hin oder her – sie habe schon einige Spiele bestritten, an die sie sich ihr ganzes Leben lang erinnern werde: «Etwa mein erster Einsatz in der 1. Liga, das war 2007, aber auch andere, spätere Spiele und Momente.» Etwa jenen Moment, als ihr an den Olympischen Spielen in Sotschi die Bronzemedaille umgehängt wurde. Zwar hat sie keine einzige Minute gespielt, «aber der Moment war trotzdem besonders». Sie war sich ihrer Rolle in der Nati – als Nummer 2 hinter Florence Schelling – «immer bewusst, aber schliesslich wurden mir die langen Absenzen zuviel. Sie waren mit der Meisterschaft der 1. Liga nicht mehr kompatibel und deshalb habe ich mich entschlossen, mich auf Saastal zu konzentrieren.» Bereut hat sie diesen Schritt weg vom Glamour einer Weltmeisterschaft oder Olympischen Spielen überhaupt nicht. «Iich fühle mich in meiner Umgebung, in meinem Team, in der Liga und im Saastal sehr sehr wohl.»

Cupspiel auf «fremdem Eis»

Gespielt wird das «Spiel der Spiele» nicht etwa auf der heimischen, offenen Eisbahn Wichel, sondern rund 25 Kilometer weiter unten im Tal, in der neuen Lonza Arena in Visp, und zwar am Mittwoch, 11. September. Einen Tag, nachdem der EHC Visp seinen ersten Ernstkampf (Cupspiel gegen La Chaux-de-Fonds) in seinem neuen Heim bestritten hat. «Es wäre sicher eine aussergewöhnliche Atmosphäre gewesen, das Spiel unter freiem Himmel in unserem Stadion auszutragen, aber zu diesem Zeitpunkt haben wir noch kein Eis.» Andererseits dürfte der Event in Visp den einen oder andern Franken an Mehreinnahmen in die Saastal-Kassen fliessen lassen, und das wird vor allem ihre Mutter, Barbara Anthamatten, ihres Zeichens Präsidentin und Finanzchefin des EHC Saastal, freuen. «Und für uns Spieler wird es ganz sicher auch ein magischer Moment werden», ist sie überzeugt.

Ein Leben ganz fürs Eishockey

Sophie Anthamatten spielt nicht nur Eishockey, sie lebt Eishockey, denn irgendwie hat in ihrem Leben alles etwas mit ihrem Lieblingssport zu tun. «Ich arbeite in der Firma, die ich zusammen mit meinem Lebenspartner und Saastal-TK-Chef Martin Zerzuben gegründet habe. Die Fletschi Management GmbH kümmert sich in erster Linie um Sport, aber auch um Versicherungen und Immobilien. Das macht das Ganze abwechslungsreich.» Doch damit nicht genug: Wenn andere nach Hause gehen und die Freizeit geniessen, beginnt das Hockey-Leben der Sophie Anthamatten erst richtig. «Ich stehe als Angestellte und Nachwuchs-Mitverantwortliche des EHC Saastal während der Woche jeden Abend von 16:15 bis rund 19:30 Uhr, wenn unser Training beginnt, auf dem Eis und trainiere den Saastaler Nachwuchs. Wir haben rund 80 Kinder in den Stufen U9 – U20.» Anthamatten hat in ihrer Trainer-Ausbildung bereits die höchste Nachwuchsstufe, den Talent-Trainer Leistung (TTL), erreicht. Solange sie spiele, liege eine Weiterbildung nicht drin, «denn ich coache ja auch noch einige Nachwuchs-Teams.» Und zusätzlich ist sie beim Walliser Verband als Torhütertrainerin der U14 engagiert. Langweilig wird es ihr nie. Und soll es auch nicht werden, denn sicher ist schon jetzt, «dass ich auch in Zukunft als Trainerin arbeiten will und damit dem Eishockey etwas zurückgeben kann, nachdem was ich bereits alles erleben durfte.»

Horizonterweiterung als Schiedsrichterin

Als wäre ihre freie Zeit unbegrenzt, hat sie sich erst kürzlich zur Schiedsrichterin ausbilden lassen. «Ich wollte mir damit einen Einblick in die Welt der Schiedsrichter verschaffen. Ich finde diese Facette enorm wichtig für meine Entwicklung als Coach oder auch als Spielerin. Es kann nur hilfreich sein, wenn man die Dinge auch aus der Sicht der Unparteiischen sieht.» Sie werde ein paar Spiele arbitrieren, von Nawuchsspielen bis 3. Liga, «für eine Schiri-Karriere bleibt mir jedoch im Moment mit all meinen Verpflichtungen zu wenig Zeit. Aber wer weiss? Man soll ja bekanntlich nie nie sagen.» Sagt es und lächelt verschmitzt vor sich hin, so wie sie eben ist, offen, lebenslustig und immer wieder für eine neue Erfahrung im Eishockeyleben zu haben.